„Es kommen kalte Zeiten, das Zeitalter der Fische …“ - Ödön von Horváths „Jugend ohne Gott“ auf der Theaterbühne am GAT
Eine alte historische Schultafel über das frühe Christentum, ein Tafelanschrieb mit der Frage „Braucht Deutschland Kolonien?“ und ein im biederen Anzug gekleideter Lehrer vor seiner Schulklasse, die ihm mit ostentativem Misstrauen, ja Feindschaft begegnet: Bereits kurze Zeit, nachdem sich der Vorhang in der Aula am Gymnasium Zum Altenforst öffnet, wird deutlich, dass wir uns auf einer dystopischen Zeitreise befinden. Versetzt in eine Ära rassistischer Ideologien, der Verherrlichung von Militarismus, Krieg und Kadavergehorsam, die damals auch vor den Schulen nicht Halt machten und die der österreichisch-ungarische Dramatiker Ödön von Horváth in seinem Roman „Jugend ohne Gott“ aus dem Jahr 1937 schonungslos offenlegte. Kaum ein Jahr später landete sein Buch wegen „pazifistischer Tendenzen“ auf der Liste des „schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ durch die Nationalsozialisten.
Diese anspruchsvolle literarische Vorlage auf der Theaterbühne überzeugend umzusetzen, stellte das Ensemble des Literaturkurses der Q1 unter der Leitung von Frau Szesik und Bastian Jacoby gewiss vor große Herausforderungen und es bedurfte einer intensiven Vorbereitungszeit während des gesamten Schuljahres, um das Stück in dieser professionell und meisterhaft inszenierten Form auf die Bühne zu bringen. „Das Schwierigste bestand mitunter darin, die im Roman überwiegend als innerer Monolog angelegte literarische Vorlage dialogisch umzusetzen und lebendig zu gestalten“, berichtet Frau Szesik.
Doch dieser Herausforderung waren die Schüler*innen der Q1 mit ihrem schauspielerischen Talent überaus gewachsen. Insbesondere brillierten die Hauptprotagonisten Reyhan Gürses, Lino Pyzalski und Matthias Zöllich abwechselnd in der Rolle des humanistisch geprägten Lehrers sowie Frederik Weigt als autoritärer Feldwebel. Ein rascher und unkomplizierter Bühnenumbau machte es möglich, dass für die eineinhalbstündige Aufführung in vier szenischen Abschnitten keine Pausen notwendig waren. Mit einem Solo-Gesang (eine Adaption des Songs „One of Us“ von Joan Osborne) sowie einer Saxophon-Einlage wurden noch einige gelungene musikalische Akzente gesetzt, die das an beiden Aufführungstagen zahlreich erschienene Publikum begeisterten. Und nicht zuletzt: Der stets umsichtigen und professionell agierenden Regie unter Louis Allemann und Elisaweta Sophie Stolow sei Dank, dass die Aufführung so reibungslos über die Bühne gehen konnte. Mehr davon!
Text: Arian Fariborz