Ein postkolonialer Spaziergang durch Bonn
Das postkoloniale Erbe ist noch immer Teil des Bonner Stadtbildes und findet sich sowohl in Architektur, Straßennamen als auch Gräben wieder. Ziel der Exkursion war es, uns Schüler:innen einen Umgang mit Erinnerungskultur und postkolonialem Erbe auch außerschulisch zu ermöglichen.
Am Dienstag, den 28.03.2023 liefen die Schüler:innen der zwei Grundkurse um Frau Szesik und Frau Kretschmer auf einem zweistündigen Spaziergang drei Stationen ab, die an die koloniale Vergangenheit der Stadt erinnern sollen.
Den ersten Halt legten wir am Beethovenhaus ein. Benachbart, in der Bonngasse 18, befand sich bis 1820 ein Kolonialwarenladen. Der Schriftzug an der Fassade greift auf eine kolonialrassistische Bezeichnung für schwarze Menschen zurück. Zusätzlich wurde uns durch einen Werbeclip der Sarotti-Schokolade aus den 1950er Jahren deutlich, wie herabwürdigend schwarze Menschen auch in den Medien dargestellt wurden.
Als Nächstes pausierten wir am Vorplatz des Frankenbades. Dieser zählte bis in die 1960er zu einem der größten öffentlichen Plätze Bonns. Dort fanden neben Obst- und Gemüseverkauf auch Jahrmärkte und Zirkusaufführungen statt. Im Zuge dessen wurde der Platz bis in die 1930er Jahre zusätzlich für die Zurschaustellung von Menschen, sogenannte Völkerschauen, genutzt. Auch schauten wir uns vor Ort ein Interview von Theodor Wonja Michael an, welcher Teil dieser Völkerschauen war und von seinen Erfahrungen berichtet.
Abgeschlossen wurde die Exkursion auf dem Poppelsdorfer Friedhof, wo der ehemalige preußische General Lothar von Trotha begraben liegt. Zu seiner Lebenszeit traf er viele heutzutage umstrittene Entscheidungen und sein „Vernichtungsbefehl“ gilt als Grundlage des Völkermords an ehemaligen afrikanischen Völkern. Trotz seiner disputablen Vergangenheit ist von Trothas Grab auf dem Friedhof zentral platziert und von Ehrengräbern umgeben.
Viele Schüler:innen waren diesbezüglich missmutig gestimmt, woraufhin Verbesserungsvorschläge für den Umgang mit solch strittigen historischen Persönlichkeiten gesammelt wurden.
Beispiele für solche Änderungsvorschläge waren eine Infotafel, welche über die Verbrechen Trothas aufklärt, oder eine Umlegung des Grabes. Die Stadt Bonn sieht sich selbst allerdings nicht in der Position einzugreifen, da er nur zufällig dort starb, seine Taten allerdings unabhängig seien.
Genau an diesem Fall zeigt sich die Schwierigkeit des Umgangs mit der Kolonialzeit. Es liegt auf der Hand, dass das Thema weiter in Erinnerung bleiben muss, damit die Völker, welche darunter litten, den nötigen Respekt gezollt bekommen. Auf der anderen Seite ist die Erinnerung eine schmerzhafte. Dadurch, dass die Taten wieder in den Kopf gerufen werden, können Gedankengänge weiterhin negativ präsent bleiben.
Eine gute Lösung zu finden, stellt sich als sehr schwierig heraus. Genau aus diesem Grund werden wir die Diskussion in der Schule weiter aufgreifen und Ansätze entwickeln.
Olesja Arslan und Joshua Altenrath